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Dr. Sigrid Graumann-Brunt
31. Der Schlaf 1. Teil
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© Dr.Sigrid Graumann-Brunt
Entgegen der früheren landläufigen Ansicht ist Schlaf kein passiver, sondern ein
aktiver Zustand. Wir tun etwas, während wir schlafen. Man nimmt an, dass Schlaf der
Energiekonservierung und der Erholung des Körpers dient, sowie eine Lernhilfe darstellt.
Der Bedarf an Schlaf ist jedoch sehr unterschiedlich und scheint mit dem Zweck nicht
in einem direkten Zusammenhang zu stehen, da es (selten) Personen gibt, die zweifelsfrei
mit sehr wenig Schlaf auskommen. In der Regel entsteht bei Schlafdeprivation von Personen
Gereiztheit, Konzentrationsstörung, Desorientierung.
Fast alle Säugetiere wechseln im Schlafe zwischen zwei Arten des Schlafes, dem Tiefschlaf
(SWS) und dem Traum-Schlaf (REM-Schlaf). Beide Arten des Schlafs treten in der
vorgeburtlichen und in der nachgeburtlichen Phase auf, die Mengen ändern sich
jedoch mit der Lebenszeit.
Menschlicher Schlaf weist nicht nur verschiedene Schlafarten, sondern auch mehrere
Stadien auf. Beim Erwachsenen wechselt der Schlaf alle 90 bis 110 Minuten zwischen
SWS- und REM-Schlaf. Bei Kindern findet man hingegen wesentlich mehr REM-Schlaf als
beim Erwachsenen. Feten, Frühgeborene und sehr junge Säuglinge haben die höchsten Anteile
an REM-Schlaf. Demnach gilt: Je jünger ein Kind ist, desto mehr REM-Schlaf braucht es.
Es wird vermutet, dass der frühe REM-Schlaf für die Reifung des Nervensystems und damit
ganz allgemein für die Entwicklung wichtig ist.
Eine bessere Reproduktion von Gelerntem findet statt, wenn eine Schlafperiode zwischen
Lernen und Prüfung liegt; man findet übrigens auch nach Perioden des Lernens mehr
REM-Schlaf. Dass er für die Stabilisierung des Langzeitgedächtnisses (=„metabolic
expenditure“) wichtig ist, ist länger schon bekannt. REM-Schlaf-Störungen
beeinträchtigen tatsächlich auch nach neueren Erkenntnissen das Gedächtnis.
Nach intensiven SWS-Phasen hingegen wird, meist von Erwachsenen, über das
plötzliche Bewusstwerden neuer Ideen berichtet. Eine der Personen, die über
solche Erlebnisse Bemerkungen fallen ließen, war der berühmte Mathematiker Gauß.
Der SWS-Schlaf schien ihm der Verknüpfung von bislang unerkannten Verbindungen
zu dienen. Es könnte sich um etwas ähnliches wie das Auffalten höherer Ebenen
in einem hierarchisch angelegten System handeln, wie sie in den pdp-Modellen als
zweite Art des Lernens beschrieben werden.
Während des Tiefschlafs (SWS) vermindern sich die Muskelspannung, der Puls,
die Atemfrequenz und die Temperatur allmählich. Die im Schlaf ohnehin sehr
hohe Konzentration an Wachstumshormonen ist in den SWS-Phasen am höchsten.
Im 3. und 4. Schlafabschnitt wird Melatonin ausgeschüttet und zwar bei
nacht- und bei tagaktiven Arten, also ist auch eine längere Schlafdauer
wichtig, die über die ersten Abschnitte hinausreicht.
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