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Dr. Sigrid Graumann-Brunt
16. Konzentrationsstörungen und nicht ausreichend integrierte
frühkindliche Reflexreaktionen (MORO-Reflex)
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© Dr.Sigrid Graumann-Brunt
Was wird unter Konzentration verstanden?
Sie wird als Ausrichtung der Wahrnehmung und des Denkens, aber auch der Motorik
auf ein Zentrum verstanden (andere Anliegen treten zurück).
Dieses Zentrum kann sehr verschieden sein, neben Unterrichtsgegenständen kann
es sich auch um ein Spiel, eine Arbeit, die Analyse eines Problems, ein Gespräch
und vieles andere handeln. Der Geist schweift in der Zeit der
Konzentration nicht umher, eine momentane Einengung der Gedankenwelt
wird in Kauf genommen. Konzentration ist bei verarbeitenden (z.B. Lernen), wie auch bei
produktiven Prozessen (z.B. Arbeit) vonnöten. Eines ihrer Kennzeichen ist eine
geistige Anspannung für den Zeitraum.
Wovon ist die Konzentration abhängig?
Von vielen Faktoren: Neue Inhalte bereiten mehr Schwierigkeiten als bereits
bekannte; bei Inhalten mit einem Spaßfaktor ist meist die
Konzentration leichter zu halten als bei trockenen (vgl. hierzu den Bezug des
semantischen Gedächtnisses zum episodischen). Inhalte mit einer motorischen
Komponente sind einfacher zu handhaben als rein abstrakte. Soziale Faktoren
(z.B. Familienstile) spielen eine Rolle. Der Erlebnis- und Erfahrungsstand des
Individuums, aus dem ja seine Motivation, sich mit dem Inhalt zu befassen,
entspringt, sind in Bezug auf die Konzentration sehr wichtig – bei Unreife
entspricht der Stand der Konzentration meist den Anforderungen der Umgebung nicht.
Z.B hat für den einen Schüler das Lernen von Schulinhalten noch keinen
Bezug zu seiner Wirklichkeit, während sein Banknachbar genau weiß, was
er später werden will und deshalb aufpasst.
Inwiefern stören nicht ausreichend integrierte frühkindliche Reflexreaktionen
Konzentrationsleistungen?
Alle nicht ausreichend integrierten Reflexreaktionen stören
die Konzentration, am meisten aber Reste des MORO-Reflexes. Auf
die erste Form der Reaktion auf Umweltreize – den Rückzug, folgt wenig später
eine aktive Reaktion mit einer Aktivierung des sympathischen Teils des vegetativen
Nervensystems, das alles in der fetalen Zeit und in den ersten 6 Monaten nach der Geburt.
Reste dieser frühen Reaktionsformen sind ausgesprochene Störer der
Konzentration, da sie den Spannungsbogen unterbrechen: Es geht auch die
Erinnerung an gerade Erarbeitetes verloren, da der augenblickliche minimale
Bewusstseinsverlust die Speicherungsvorgänge abreißen lässt,
vergleichbar mit einem Computerabsturz (bereits Geschriebenes ist unwiederbringlich weg).
Der Blick des Betroffenen fällt auf einen Vorgang oder ein Objekt (auch
in übertragenem Sinn) und bleibt dort haften. Eine wesentliche Eigenart der
frühen Reaktionsform ist, dass der Betroffene in dieser Reiz-Reaktions-Kette
keine willentliche Gewalt über sich selbst hat – er muss dorthin schauen,
ob er will oder nicht. Die auf diese Weise zur Unzeit eindringenden frühkindlichen
Reaktionsformen unterliegen nicht der Kontrolle des Bewusstseins, in dem Moment,
in dem sie eindringen, verdrängen sie bis zu ihrem Abklingen bewusste Prozesse.
Können diese Reste des MORO-Reflexes unterdrückt werden?
In der aktuellen Situation vor Ort nicht. Die unreifen funktionalen Muster sollten
mit Hilfe von Übungen ausgereift werden – ein Anliegen der neurophysiologischen
Entwicklungsförderung und auch einer ganzheitlich orientierten Arbeit an den
ursprünglichen Ursachen für die Verzögerungen, dem Abbau der
kompensierenden Mechanismen wie auch der Regeneration der oft negativ beeinflussten
Architektur der Persönlichkeit (Selbstzweifel usw.).
Was kann man aktuell tun?
Der Spannungsbogen darf nicht zu lang sein (kurze Lerneinheiten – weniger ist mehr).
In der aktuellen Situation kann man kurz die Augen schließen (mit
Glück löst sich dann die vom Hirnstamm gesteuerte MORO-Fixierung auf).
Bei der Arbeit sollten die Betroffenen so sitzen, dass möglichst wenig visuelle
Reize ins Blickfeld kommen. Akustische Reize sollte man auch vermindern, eventuell
Stöpsel verwenden (auch in der Schule bei schriftlichen Arbeiten) .
Siehe auch das Heft 9 zu den frühkindlichen Reflexen
Den Text zum Thema Konzentrationsstörungen und nicht ausreichend integrierte
frühkindliche Reflexreaktionen (MORO-Reflex) als pdf-Dokument und zum Drucken
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