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Dr. Sigrid Graumann-Brunt
35. Dr. Temple Fay 1.Teil
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Dr. Temple Fay 1.Teil
© Dr.Sigrid Graumann-Brunt
Dr. Temple Fay (1895-1963) war während seiner Tätigkeit als Arzt und Professor
der bedeutendste Neurochirurg seiner Zeit (später auch Neurowissenschaftler).
Nicht nur, dass er in dieser Disziplin etliche neue Techniken einführte und
publizierte, er befasste sich auch mit zu seiner Zeit völlig unbekannten medizinischen
Verfahren wie der Hypothermie, die er bei Krebspatienten anwandte.
Dr. Temple Fay war ein genialer Beobachter. Im Verlauf seiner Arbeit mit hirnverletzten
Personen sah er bei seinen operierten Patienten immer wieder (ca. 40) als pathologisch
eingestufte signs und reflexes. Er nannte
sie nostalgic (=aus früherer Zeit); dies war bahnbrechend,
denn er erkannte in den zunächst purposeless jerky movements
Bewegungen, wie er sie auch bei Säuglingen gesehen hatte. Sie waren also
gar nicht sinnlos, wie bislang angenommen, sondern fanden zur falschen
Zeit am falschen Ort statt. Teile aus dem Muster des Reflexkriechens
(auf dem Bauch!!!) fielen ihm besonders ins Auge; bei Neugeborenen war ihm
dieses Muster als normal bekannt (bei Vojta begegnen wir ihm wieder,
er hat das genau beschrieben).
In der Praxis stellte er fest, dass die signs zu bearbeiten waren;
als Wissenschaftler, der er war, wollte er diese Arbeit erweitern und systematisieren.
1941 stieß Glenn Doman zu Dr.Fay, 1953 Delacato zu der Arbeitsgruppe, die sich um
Fay gebildet hatte (weiter F. Scott usw..). 1955 wurde ein gemeinnütziges Institut
namens institutes for the achievement of human potential” gegründet. Fays
wissenschaftliche Aussagen (im Original) sind sehr lesenswert. Es ist schade, dass
sie meist über die Kritik am Vorgehen des Instituts abgewertet wurden.
1963 starb Dr.Temple Fay. Er war hochqualifiziert, gleichermaßen vertraut
mit konventionellen Methoden und Neuem gegenüber aufgeschlossen, hervorragend
gebildet, großzügig und kreativ. Wie ihm in der Fachwelt mitgespielt wurde,
kann man folgender Aussage entnehmen:
…ich schätze mich glücklich,
denn wenn man (wie ich) die konventionellen Wege der Medizin verlässt, dann
trösten einen Zustimmung und Vertrauen jüngerer Fachkollegen über
die Missbilligung und die unverhohlene Ablehnung älterer und konventionell
eingestellter Fachkollegen hinweg.
Dass er seine Beobachtungen, dem Zeitgeist folgend, mit der Theorie Haeckels
verknüpfte, spielt hinsichtlich des Werts seiner Beobachtungen so gut wie
keine Rolle – jeder, der in diesem Bereich in der Praxis tätig ist, weiß,
wie wertvoll gründliche Beobachtungen sind, unabhängig davon, in welches
Theoriegebäude sie gerade eingebettet werden. Theorien werden immer wieder
revidiert, gründliche Beobachtungen sind unvergänglich.
Fay wurde nicht vergessen. Die uns bekannten Väter und Mütter der
Physiotherapie (wie auch Bobath oder Vojta) beziehen sich alle auf Fay.
Seine Beobachtungen führten zu neuen Therapien, inspirierten viele Menschen
und entfachten fruchtbare Diskussionen - bis heute.
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