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Dr. Sigrid Graumann-Brunt
40. Assimilation und Akkommodation
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Assimilation und Akkommodation
(nach Piaget, vereinfacht)
© Dr.Sigrid Graumann-Brunt
Sind wir einer neuen, mit unserem bisherigen Weltbild nicht zu vereinbaren
Wahrnehmung konfrontiert,
so können wir folgendes tun:
1. Wir deuten diese Wahrnehmung so um, dass die Struktur unserer aktuellen Weltsicht
nicht geändert werden muss. Das wäre Assimilation. Unsere Denkstruktur
bleibt so, wie sie ist.
2. Wir nehmen die Wahrnehmung so auf, wie sie ist; dann aber müssen wir
unser gesamtes System ändern, damit die Information hineinpasst.
Das wäre Akkommodation. Diese Umstrukturierung dauert eine Weile, da alles
geändert werden muss, aber dann ist man handlungsfähiger. Die Schwestern
von Aschenbrödel tun das nicht; sie müssten sich damit abfinden, dass
sie den Prinzen niemals bekommen werden und das wollen sie nicht. Gleichwohl geht
es ihnen nicht gut, denn sie müssen sich die Füße zurechtschneiden,
um in den Schuh hineinzupassen – schmerzhaft und unangenehm und letztlich auch
wirkungslos.
Neue Informationen erzeugen nicht nur bei ihnen, sondern bei fast allen Menschen
heftige Reaktionen der Abwehr (Ich verstehe die Welt nicht mehr).
Assimilation gefällt einem nicht, da ein unbestimmtes Gefühl der
Unwahrheit übrigbleibt, bei Akkommodation entsteht ein erheblicher
(innerer) Arbeitsaufwand, den man sich übrigens nicht immer leisten
kann oder will. Manche völlig unverständliche Verweigerungshaltung
mag damit in Zusammenhang stehen. Besonders schwierig sind die Anfänge
der Akkommodation, das Verlassen der (scheinbar heilen) narzisstischen Welt
und die oft als grausam empfundenen ersten kopernikanische Wenden.
Wählt man allerdings die Akkommodation, so tritt nach einer Zeit der
Unruhe eine Phase der Stabilität ein, die nicht nur eine Erweiterung
in sich trägt, sondern auch etwas von einer Erneuerung, einer Erfrischung
an sich hat, auch verbunden mit der Option neuer Welten, die man in der Zukunft
betreten kann.
Wie ein Individuum mit der Instabilität umgeht, die mit den Veränderungen
ein hergeht, ist deshalb von besonderer Bedeutung für seine Entwicklung.
Man muss davon ausgehen, dass der Stand der Gleichgewichtsentwicklung, der ja
wiederum mit dem des Vegetativums eng verbunden ist, hier eine große Rolle spielt.
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